Tamilische Sprache und Kultur
Sri Lanka und die Region des heutigen südindischen Bundesstaats Tamil Nadu blicken auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Diese hat einen beeindruckenden Reichtum an kulturellen Ressourcen und Wissenssystemen hervorgebracht.
In Tamil, eine der wenigen klassischen Sprachen, die heute noch lebendig sind, wurden unzählige Literaturwerke verfasst, von denen einige weltberühmt sind.
Tamil wird von 70 Millionen Menschen weltweit gesprochen, u. a. von den rund 50000 tamilischen Migranten in der Schweiz.
Als eine der beiden klassischen Sprachen des Landes, ist Tamil die einzige Sprache des zeigenössischen Indiens, welche erkennbar nach einer klassischen Vergangenheit in die Gegenwart fortbesteht.
Die Sangam-Gedichte, die ca. 300 v. Chr. entstanden sind, repräsentieren die älteste noch erhaltene Tamil-Literatur. Sie legen den Grundstein für die darauffolgende Entwicklung der tamilischen Kultur. Das Werk Tolkappiyam behandelt grundlegende grammatikalische und inhaltliche Konventionen, die von Gelehrten festgelegt, niedergeschrieben und im Verlauf der Epochen fortgeführt wurden. Der Einfluss dieser Konventionen ist dementsprechend in vielen jüngeren Werken bis hin zur modernen Literatur deutlich spürbar.
Die Poesie folgt inhaltlich zwei Hauptthematiken. Während Akam hauptsächlich die innere Gefühlswelt in Bezug auf Liebe behandelt, erzählt Puram, das Äussere, grosse epische Geschichten über Könige, Heldentum und Pflichten. Aufgrund ihrer nahtlosen Einbindung von Naturelementen, Metaphern und Gleichnissen, ist die Sangam-Poesie bis heute als „Naturpoesie“ bekannt.
Der indische Poet und Literaturgelehrte A.K. Ramanujan schrieb über die Sangam-Gedichte:
«Diese Gedichte sind ‹klassisch›, sprich früh, altertümlich;
sie sind auch ‹Klassiker›, das heisst, Werke, die zeitlos sind,
die Gründungswerke einer ganzen Tradition.
Sie nicht zu kennen heisst, eine einzigartige und bedeutende poetische Leistung indischer Zivilisation nicht zu kennen.»
